Sozialgericht Dresden hebt Zwangsverrentung auf – Jobcenter darf nicht mehr vorzeitig in den Ruhestand schicken
Das Sozialgericht Dresden hat festgestellt, dass es rechtswidrig ist SGB-II-Leistungsbezieher zur vorzeitigen Beantragung der Altersrente aufzufordern, wenn zuvor die zu erwartende Rentenhöhe nicht ermittelt wurde (Az.: S28 AS 567/14 ER).
Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 21.02.2014
Ein Empfänger von Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV”) darf jedenfalls dann nicht zur vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrente aufgefordert werden, wenn die zu erwartende Rentenhöhe nicht ermittelt wurde. Dies hat das Sozialgericht Dresden mit einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 21.02.2014 entschieden.
Das Jobcenter Dresden forderte die „Hartz IV” beziehende 64-jährige Antragstellerin auf, bei der Deutschen Rentenversicherung unter Inkaufnahme von Abschlägen vorzeitig Altersrente zu beantragen. Es seien keine Gründe ersichtlich, welche gegen die Beantragung der vorrangigen Leistungen sprächen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin vor dem Sozialgericht Dresden im Wege einstweiligen Rechtsschutzes.
Das Gericht hat dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben. Eine vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente kann das Jobcenter nur dann verlangen, wenn es im Wege der Ermessensausübung eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen hat. Das ist dann nicht der Fall, wenn es die konkrete Rentenhöhe nicht ermittelt hat. Denn nur in Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse nach Rentenbezug kann beurteilt werden, ob dem Betroffenen ein vorgezogener und damit gekürzter Rentenbezug zumutbar ist. Das kann zum Beispiel dann zu verneinen sein, wenn der vorzeitige Rentenbezug für den Betroffenen mit einem lebenslangen Bezug von Sozialhilfe verbunden ist.
Kommentar zur Zwangsverrentung vom Rechtsanwalt Imanuel Schulz:
Zwangsverrentung ist ein Problem, dass viele Menschen betrifft und zur Altersarmut führt. Unsere Erfahrung zeigt, dass solche Verwaltungsverfahren für das Jobcenter schwierig zu gewinnen sind, denn meistens findet keine umfassende Interessenabwägung statt und es sind Formalien einzuhalten. Gerne beraten wir Sie in Ihrem Fall, was zu tun ist.
Aktuell haben wir im Fall der Zwangsverrentung vielen Mandanten helfen können. Die aktuell verwendeten Standardvorlagen für den Zwangsverrecntungsbescheid der Jobcenter in Berlin und Brandenburg sind rechtswirdrig.
To Do: Sobald Sie eine Aufforderung bekommen Zwangsrente zu beantragen legen Sie Widerspruch ein. Zudem ist meistens ein Einstweilige Anordnung gegen die Arbeitsagentur notwendig, denn der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Bitte Fragen Sie uns. Wir helfen Ihnen gegen die Zwangsverrentung erfolgreich vorzugehen.
Weitere Beiträge
- ALG II – Hartz IV: Jobcenter tilgt das Wohneigentum! ChecklisteHartz-IV-Tipp von Rechtsanwalt Imanuel Schulz: Hartz IV ausnahmsweise auch als Zuschuss für Tilgungsraten möglich Bewohnt ein Hartz-IV-Bezieher ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung, können zwar Schuldzinsen übernommen werden, soweit der Kredit…
- Helfen Sie Ihrem Kind – Jobcenter muss Nachhilfe bezahlenLeistungen für Bildung und Teilhabe in Gestalt der Kostenübernahme von Nachhilfekosten sind nicht auf die Dauer von zwei Monaten begrenzt. Dies hat das Sozialgericht Dortmund mit einem Urteil entschieden. Das…
- Irrtümer rund um das Jobcenter – Mietübernahme – unwirksame Kündigung des VermietersDie angemessenen Wohnungskosten bestimmt das Jobcenter in den KdU Richtlinien Nein. Es gibt keine starren Kosten der Unterkunft. Die Richtlinien sind für die Gerichte nicht verbindlich. Die Gerichte berechnen die…
- Hartz IV für arbeitssuchende EU-ZuwandererHartz IV -Trotz aktueller EuGH-Entscheidung weiterhin einstweiliger Rechtsschutz für arbeitsuchende EU-Zuwanderer Arbeitsuchende EU-Zuwanderer können weiterhin im Wege des sozialgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes Arbeitslosengeld II zugesprochen bekommen. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund…
- Zu wenig Miete vom Jobcenter? Jobcenter muss zahlen wenn Kündigung durch Vermieter nur möglich ist!Hartz IV: Die Möglichkeit, dass der Vermieter im Bewilligungszeitraum kündigen könnte, reicht für eine einstweilige Anordnung aus – Keine Mahnung durch Vermieter erforderlich – Von Rechtsanwalt Imanuel Schulz Gericht: SG…